Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet

Das (unbemerkte) Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet ist dem voll beherrschbaren Bereich des Arztes zuzuordnen. Daraus folgt, dass der Arzt in diesen Fällen zu beweisen hat, dass die Voraussetzungen für eine sachgemäße und gefahrlose Durchführung der Operation gewährleistet waren (vgl. OLG München Urteil vom 22.08.2013 Az. 1 U 3971/12).

Im vorliegenden Verfahren unterzog sich die Patientin mehreren Operationen, nachdem bei ihr eine Krebserkrankung festgestellt worden war. Bei der streitgegenständlichen Operation sollten der Patientin wiederauftretende Tumore der Krebserkrankung entfernt werden. Dabei blieb unbemerkt ein Bauchtuch im rechten kleinen Becken der Patientin zurück.
Dieser Fehler wurde etwa ein halbes Jahr später im Rahmen einer CT-Untersuchung bemerkt und kurze Zeit später operativ behoben. Die Patientin litt in dieser Zeit unter Unwohlsein und Unterbauchschmerzen. Nach der Entfernung des Bauchtuches sei es der Patientin schlagartig wieder besser gegangen.

Der Arzt konnte im Verfahren jedoch nachweisen, dass vor dem Wundverschluss die vorgeschriebene Zählung der eingebrachten Fremdkörper und der entfernten Fremdkörper nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ durchgeführt wurde. Denn die Ärzte haben die Verpflichtung, alle eingebrachten Fremdkörper wie Bauchtücher, Klammern o.ä. zu bezeichnen und in einem Protokoll festzuhalten. Vor Abschluss der Operation ist dieses Verfahren erneut durchzuführen, um zu gewährleisten, dass keine Fremdkörper im Operationsbereich zurückbleiben. Unterbleibt diese Zählung oder wurde sie fehlerhaft vorgenommen, so stellt dies einen groben Behandlungsfehler dar.

Vorliegend wurde diese Zählung durchgeführt, jedoch mit dem Ergebnis, dass alle Fremdkörper aus dem Operationsbereich entfernt wurden. Hierbei muss den operierenden Ärzten ein Zählungsfehler beim Einbringen oder bei Entfernen unterlaufen sein, denn nach dem Zählungsprotokoll waren alle Fremdkörper entfernt worden. Dies stellt juristisch gesehen „nur“ einen einfachen Behandlungsfehler dar.

Außerdem stellte sich die Frage wie ein 45 cm x 45 cm großes Tuch im Operationsgebiet übersehen werden konnte. Der beauftragte Gutachter führte hierzu aus, dass dieses Tuch zwar sehr groß sein, dieses sauge sich bei der Operation jedoch mit Blut voll, sodass es schwer aufzufinden sei. Zwar sind diese Operationstücher mit einem (röntgendichten) Streifen gekennzeichnet, um das visuelle Auffinden des Tuches während der Operation, bzw. durch bildgebende Verfahren nach der Operation zu ermöglichen. Vorliegend bestand jedoch kein Grund das Bauchtuch zu suchen, da das Zählprotokoll vermeintlicherweise stimmte.

In der Folge wurde der Klägerin für ein halbes Jahr Unwohlsein und Schmerzen ein Schmerzensgeld iHv. 8.500 € zugesprochen, da die Beklagten nicht nachweisen konnten, dass die Voraussetzungen für eine sachgemäße und gefahrlose Durchführung der Operation gewährleistet waren.

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Über Kanzlei Dworschak

Rechtsanwältin, Kanzlei-Inhaberin
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