Schlichtungsstellen zur Durchsetzung der Fluggastrechte?

Im Juni des letzten Jahres beschloss das Parlament das sog. Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr. Hiernach können Privatrechtlich organisierte Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen als Schlichtungsstelle anerkannt werden. In der Theorie sollen diese Stellen neutral, d.h. unabhängig sowohl vom Verbraucher als auch von den Fluggesellschaften sein. Grundsätzlich prüft das Bundesministerium für Justiz alle Organisationen daraufhin, dass diese die oben erwähnte Unabhängigkeit besitzen. Es ist des Weiteren vorgeschrieben, dass in einer Schlichtungsstelle ein sog. Beirat eingerichtet wird, in dem die Interessen beider Parteien, also dem  Unternehmen und dem Verbraucher, repräsentiert werden. Dieser Beirat muss der Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle zustimmen. Dies soll die hinreichende Unparteilichkeit des Verfahrens sicherstellen. Außerdem bestellt dieser Beirat den Schlichter (also praktisch den „Richter“).

Aber wozu das ganze? Grundsätzlich steht in der Fluggastrechteverordnung schwarz auf weiß wer, was in welchen Fällen bekommt. Natürlich weigern sich die Fluggesellschaften regelmäßig Ansprüche in Ausgleich zu bringen. Sollte das der Fall sein, kann der Verbraucher eine Schlichtungsstelle anrufen und dort seine Ansprüche „durchsetzen“. Er trägt dazu seinen Sachverhalt vor und muss bestimmte Verfahrensvorschriften beachten. Der Schlichter unterbreitet jedoch nur einen Vorschlag, welcher für beide Parteien unverbindlich ist.

Doch wer trägt die Kosten in diesem Verfahren? Regelmäßig werden die Kosten der Schlichtung und damit auch die Kosten der Schlichtungsstelle selbst von den Verkehrsunternehmen getragen. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Unabhängigkeit. Denn die Luftfahrtunternehmen können jederzeit aus diesem Verein austreten (bspw. sechs Monate „Kündigungsfrist“ bei SÖP) und somit ggnü. der Schlichtungsstelle finanziellem Druck aufbauen.

Ein weiteres Problem: Für Schlichtungsverfahren an sich gibt es im deutschen Recht keine rechtliche Regelung. Deshalb kann sich jede Institution „Schlichtungsstelle“ nennen, sich eine Verfahrensordnung geben und sodann als Schlichter arbeiten. Für den Laien ist nicht immer gleich ersichtlich, ob die jeweilige Stelle eine solche nach Recht und Gesetz eingesetzte Stelle ist (wie die oben erwähnte), oder ob diese sich lediglich Schlichtungsstelle nennt, in Wirklichkeit jedoch nicht unabhängig ist, d.h. beispielsweise von den Fluggesellschaften selbst eingerichtet wurde.

Des Weiteren gibt es bereits unabhängige in jedem Fall neutrale „Schlichtungsstellen“. Nämlich die Gerichte. Deren Urteil ist im Gegensatz zur „Urteil“ der Schlichtungstellen verbindlich und alle Beteiligten sind an dieses gebunden. Das Verfahren dort ist außerdem in den Fällen kostenlos, in denen die Fluggesellschaften vollständig unterliegen, was zumeist der Fall ist, denn auf diesem Rechtsgebiet lassen sich die Erfolgschancen sehr gut abschätzen. Sie müssen dann per Gesetz alle Kosten des Verfahrens tragen; auch die der eigenen Anwälte. Hier gibt es des Weiteren den Vorteil, dass der Betroffenen zu seinem Anspruch in voller Höhe kommt. Es ist somit nicht verständlich, warum solche Schlichtungsstellen eingerichtet werden.

Auch Institution, welche sich darauf spezialisiert haben, Ansprüche von Verbrauchern geltend zu machen, behalten grundsätzlich zwischen 20 % und 30 % der Summe ein. Der Verbraucher kommt auch hier nicht zu seinem Recht, welches ihm grundsätzlich zusteht:

Bei einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden oder bei einer Annulierung des Fluges bekommt der Reisende pauschal

  • bei einer Entfernung von bis zu 1500 km 250 €,
  • bei einer Entfernung von bis zu 3500 km 400 €,
  • und bei einer Entfernung ab 3500 km 600 €.

Dies gilt nur nicht, wenn sich die Airline auf außergewöhnliche Umstände berufen kann. Dies sind insbesondere:

  • Streik (unvorhersehbar)
  • Natur- und Umweltkatastrophen

Keine außergewöhnlichen Zustände sind jedoch im Regelfall (d.h. der Anspruch besteht):

  • i.d.R. Technische Defekte
  • geplante Streiks des eigenen Personals
  • Erkrankungen von Crewmitgliedern

Sollten wir Ihnen bei der Durchsetzung der Ansprüche behilflich sein, so wenden sie sich an uns.

Über Kanzlei Dworschak

Rechtsanwältin, Kanzlei-Inhaberin
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