Ausgleichzahlung trotz außergewöhnlichen Umstands?

Grundsätzlich hat jeder Fluggast bei einer Annullierung des Fluges oder einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden einen Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsleistungen nach der Fluggastrechteverordnung (wir berichteten).

Dies gilt nicht, wenn die Fluggesellschaft nachweisen kann, dass die Verspätung oder die Annullierung auf einem sog. außergewöhnlichen Umstand beruht. Weist die Fluggesellschaft einen solchen außergewöhnlichen Umstand (bspw. Vogelschlag, Streik, Maschinenschaden) nach, so ist der Anspruch jedoch nicht per se ausgeschlossen. Dies lässt sich aus dem Urteil des BGH v. 24.09.2013 Az. X ZR 160/12 ableiten.

Hierbei kam es aufgrund eines Vogelschlages (außergewöhnlicher Umstand) zu einer erheblichen Verzögerung des Abfluges, sodass dem Kläger grundsätzlich keine Ausgleichsansprüche zustanden. Der BGh führt jedoch weiter aus, dass dieser Einwand nur greife, da die Beklagte Fluggesellschaft nachweisen konnte, dass sie die ihr persönlich, technisch und wirtschaftlich möglichen Maßnahmen getroffen habe, um eine Verspätung bzw. Annullierung des Fluges trotz des außergewöhnlichen Umstands zu vermeiden. Hierzu wurde auch ausgeführt, dass es der Beklagten (wirtschaftlich) nicht zumutbar gewesen sei, ein Ersatzflugzeug vor Ort bereit zu halten, da dieser Flughafen nur selten angeflogen wird.

Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass die Fluggesellschaft beispielsweise an großen Flughäfen, die mehrmals täglich angeflogen werden auch Ersatzflugzeuge bereithalten muss. Tut sie dies nicht, kann sie sich im Falle der Verspätung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes nicht auf diesen berufen.

Dies lässt sich auch auf andere Umstände übertragen: So muss die Fluggesellschaft bei einem Maschinenschaden nachweisen, dass sich dieser Schaden nicht durch regelmäßige Wartung o.ä. vermeiden ließ. Gleiches gilt für einen Streik oder die plötzliche Krankheit von Crewmitgliedern: Die Fluggesellschaft ist gehalten auf regelmäßig frequentierten Routen Ersatzcrews bereitzuhalten.

Vielfach ist in Beiträgen die Rede, dass beim Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes die Leistung der Ausgleichszahlung ausgeschlossen sei. Diese anderslautenden Internetbeiträge von Kolleginnen und Kollegen sind schlichtweg falsch. Es kommt auch hier auf den Einzelfall an. Außerdem dürfte der Nachweis, dass andere Maßnahmen die Verspätung hätten verhindern können, für die Fluggesellschaft regelmäßig nicht zu erbringen sein.

Über Kanzlei Dworschak

Rechtsanwältin, Kanzlei-Inhaberin
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